Alan Sillitoe: Bunyola
Bunyola

Alan Sillitoe ließ sich in den 1950er Jahren in Sóller nieder und schrieb während seiner Zeit auf Mallorca eines seiner am meisten gefeierten Werke, Saturday Night and Sunday Morning, sowie seine Memoiren Life without Armour.

 

Wie ein Spielzeug pfeifend passierte der Zug in weißer Blüte stehende Mandelbäume, und als wir am Fuß der Hügel angelangt waren, durchfuhren wir einen langen Tunnel unterhalb des Meeresspiegels der Insel. Als wir uns Sóller näherten, indem wir mehrere kleinere oder größere Tunnel durchfuhren, öffnete sich uns ein großes Tal, das bis auf eine Öffnung im Nordwesten von Bergen umgeben ist, die von Mallorcas höchstem Gipfel gekröntsind, der 4.739 Fuß in die Höhe ragt. Weiter unten drang der Duft von Orangen- und Zitronenbäumen durch die offenen Fenster. Der Zug pfiff, als er hinter den Häusern entlang in einen kleinen Bahnhof einfuhr. Während ich auf eine Straßenbahn wartete, die mich zwei Meilen weiter bis zum Hafen bringen sollte, trat eine Frau aus der Metzgerei und bot mir einen Stuhl an, den sie eigens aus dem Haus holte. Die Tarrs luden mich ein, in Villa Catalina zu übernachten, wenn ich mich am Essen und den allgemeinen Kosten beteiligte.

Life without armour, 1995        

Übersetzt von Tom Gerbhardt.

Alan Sillitoe

(Nottingham, 1928 – London 2010). Alan Sillitoe war ein britischer Romanautor und gehörte der Gruppe der sogenannten Angry Young Men an. Als Sohn einer Arbeiterfamilie wurde er in seiner Jugend von der Nachkriegszeit geprägt, zunächst als Arbeiter in einer Fahrradfabrik und später, als Teil der Royal Air Force, als Funker in Malaysia. Seine Kontakt zu Mallorca war zunächst rein zufällig: Als man bei ihm Tuberkulose diagnostizierte, war er gezwungen, ein milderes Klima als Nordengland aufzusuchen.

Zusammen mit seiner Partnerin, der US-amerikanischen Schriftstellerin Ruth Fainlighten, ließ er sich in den 50er Jahren in Sóller nieder. Er traf auf Robert Graves, der ihn dazu bewegte, die literarische Arbeit fortzusetzen. In seinem Werk stechen Gedichtbände, autobiografische Bücher und Kritiken hervor. Seine Erinnerungen an die Kindheit und an seinen Karrierebeginn sowie das Auf und Ab der britischen Arbeiterklasse in den 50er Jahren sind seine vorrangigen Themen. Während seines Aufenthaltes auf Mallorcaverfässter eines seiner von den Kritikern meist gelobten Werke: Saturday Nicht and Sunday Morning, das 1960 von Karel Reisz zu einem Film mit Albert Finney verarbeitet wurde. Noch präsenter ist der Einfluss der Insel und der Tramuntana allerdings in The Death of William Posters (1965). Auf Mallorca schrieb er auch seine Memoiren, Life without Armour (1995). Sein bekanntestes und meist übersetztes Werk ist zweifellos die Erzählung The Loneliness of the Long Distance Runner (Die Einsamkeit des Langstreckenläufers), die ebenfalls verfilmt wurde, unter der Regie von Tony Richardson und mit Tom Courtenay in der Hauptrolle.

 

Der Zug von Soller

Sóller-Schlucht. Bis dahin wurde der Höhenunterschied durch Postkutschen überwunden, die mehrmals auf der Strecke Halt machen mussten. Eine der Haltestellen war damals – und ist es auch heute noch – der Ort Bunyola, der etwa auf der Hälfte der Strecke am Fuße der Sierra de Alfàbia liegt. 1929 wurde die Bahnstrecke auf Elektroantrieb umgestellt und somit Mallorcas ersten Elektrolok-Strecke angepasst, die 1913 eingeweiht worden war und Sóller mit Port de Sóller verbindet. Beide Abschnitte laden seit Beginn des 20. Jahrhunderts zu eine idyllischen Reise durch das Sóller-Tal ein, auf der die Holzwaggons an Orangen-und Zitronenbäumen vorbei und über zahlreiche Brücken hinüberfahren.

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