Jaume Vidal Alcover: Plaça de sa Bassa, Manacor
Manacor

Im Herzen von Manacor singt Jaume Vidal Alcover in seinem melancholischen Gedicht Sonet to Eurydice, wie er seine Liebe verloren hat und die Stadt deshalb ein Waisenkind bleibt.

Die Stadt versinkt in den Regengüssen

des Winters und seitdem du nicht mehr da bist,

haben Straßen und Plätze ihre Namen verloren.

Nur die Kreuzungen sind geblieben, rätselhaft.

Der Asphalt allein und seine Trugbilder

triumphieren still. Ich suche immer noch

deine Spuren, jene entschlossenen Schritte,

die der Glanz und das Leben der Straße waren.

Doch wie eh und je antwortet nur der Schmerz

und das flüchtige Licht schließt den Akt,

knebelt die Flügel an der Schwelle des Horizonts.

Es regnet ein alter Regen, ein verhaltener

Regen, und hinter einer dunklen Straßenecke

umarmt mich die Sehnsucht wie einst die Liebe.

Sonets a Eurídice, 1967

Übersetzt von Charlote Frei.

Jaume Vidal Alcover

(Manacor, 1923 – Barcelona, 1991). Er studierte in Barcelona Jura und Romanistik. Er war Professor für katalanische Sprache und Literatur an der Universität Rovira i Virgili. Ein wahrer Literat, der Gedichte, Erzählliteratur, Essays, journalistische Arbeiten und Theater schrieb. Ein Großteil seines Werks ist noch unveröffentlicht und das erschienene wurde nicht ausreichend studiert. Unter seinem poetischen Werk muss L'hora verda (1951) hervorgehoben werden, das wegen dem Einfluss der spanischen Generation von 1927 und seiner formalen Freiheit als Bruch mit der vorhergehenden Tradition gilt. El dolor de cada dia (1957) ist ein Vorgeschmack auf die realistische Ästhetik, die im katalanischen poetischen Panorama der 60er Jahre dominieren würde, und sein vielleicht innovativstes poetisches Werk ist Sonets a Eurídice (1962). Bedeutende narrative Werke sind unter anderem Sophie o els mals de la discreció (1971), Visca la revolució! (1974) und Dido i Eneas (1980). In Vidals Erzählliteratur finden wir eine Vision der mallorquinischen Gesellschaft vor dem Tourismus und ihr Verschwinden durch die Kollision mit der Gesellschaft, die sie ablösen würde. Er übersetzte Autoren wie Proust, Rimbaud, Foscolo und Brecht und studierte das Werk von Berenguer d'Anoia, Francesc d'Olesa, Guillem Roca i Seguí, Sebastià Gelabert und anderen.

Jaume Vidal hat wie Orpheus seine Liebe verloren. Sie ist verschwunden und die Stadt liegt verwaist da. Jetzt ist alles alt und kalt und an jeder Ecke überkommt ihn die Sehnsucht.


 

Plaça de sa Bassa

Vidal Alcover wurde in Manacor geboren und verbrachte hier auch einen Teil seiner Jugend. Sein Vater arbeitete hier als Notar. Wahrscheinlich lief Vidal Alcover häufig über den Platz Sa Bassa, dem Dreh- und Angelpunkt der Stadt und Haupttreffpunkt von Einheimischen und Besuchern. Auch wenn hier so manche Bausünde begangen worden ist, sind doch noch ein paar interessante Gebäude aus dem 18., 19. und 20. Jahrhundert erhalten geblieben. Man glaubt, dass der Name des Platzes auf die Existenz einer Viehtränke (Bassa) in einem der anliegenden Häuser stammt. Unter den Gebäuden rings um den Platz ist Can Serra sehenswert (zur Zeit ein Restaurant), sowie Can Busco (genau gegenüber mit klassizistischem Fries) und gleich daneben das Café S’Agrícola, das kaum einen Tag im Jahr schließt.

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