Salvador Galmés: Sant Llorenç des Cardassar
Sant Llorenç des Cardassar

Sant Llorenç des Cardassar, die Heimatstadt von Salvador Galmés, spielt in der Flor de Card-Szene dieses modernistischen ländlichen Romans, der sich mit dem Konflikt zwischen Stadt und Land befasst.

Im Osten von Mallorca steht in einem unbekannten, öden Tal eine Distelwiese. Dort habe ich die "Blume" gepflückt, die ich euch heute vorstelle. Sie ist einfach, farb- und geruchslos, rau und voller Stacheln. Kaum gibt sie der Erde Geschmack. Aber auch wenn sie im Innern trocken und ärmlich ist, sammeln sich dort einige Samenkörnchen an - das Lieblingsfutter der Distelfinken - und das ist auch schon der Grund, weshalb ich mir vorgenommen habe, sie zu pflücken und euch vorzustellen. Wenn sie euch nicht missfällt und zudem euren Hunger nach Schönheit und Idealen ein wenig stillt, wird die Arbeit nicht umsonst gewesen sein und hat sich schon gelohnt.

Flor de card, 1911

Übersetzt von Charlote Frei. 

Salvador Galmés i Sanxo

(Sant Llorenç des Cardassar, 1876 – 1951). Seiner bäuerlichen Herkunft verdankt er Erfahrungen über Ackerbau und Heideland, die seinem erzählerischen Werk Authentizität verliehen. 1890 kam er in das Seminar, in dem auch Llorenç Riber studierte, und er hatte Antoni M. Alcover und Miquel Costa i Llobera als Lehrer. Alcovers Einfluss brachte ihn dazu, sich für den Gebrauch der katalanischen Sprache als gelehrtes Ausdrucksmittel einzusetzen. Er arbeitete an Alcovers Wörterbuch und beim I. Kongress der Katalanischen Sprache mit. Er begann am Dichterwettbewerb Jocs Florals teilzunehmen und verfasste auch Übersetzungen lateinischer Autoren für die Verlagsreihe Bernat Metge. Außerdem begann er mit der Herausgabe der Werke von Ramon Llull, über den er auch eine Biographie veröffentlichte. Seine narrativen Werke stellen einen der interessantesten Beiträge der katalanischen Erzählliteratur Anfang des 20. Jahrhunderts dar und sie wurden erst in den 40er und 50er Jahren in Buchform herausgegeben: Flor de card (1949), Novel·letes rurals (1953), Quadrets i pinzellades (1956). Er schrieb auch für regionale Zeitschriften, wo er das historische und künstlerische Erbe verteidigte und mehr Autonomie für die Balearen verlangte. In den Nachkriegsjahren wurde er zum Mitglied der Acadèmia de Bones Lletres in Barcelona und des Institut d’Estudis Catalans ernannt, die damals im Untergrund wirkten.

Das Aufeinanderprallen von Stadt und Land ist ein typisches Thema des modernistischen ländlichen Romans, dem das Werk von Salvador Galmés zugeschrieben werden kann. In Flor de card ist die Handlung explizit in Sant Llorenç del Cardassar angesiedelt.

Sant Llorenç des Cardassar

Galmés und viele andere mallorquinische Schriftsteller des beginnenden 20. Jahrhunderts hatten kaum die Möglichkeit, sich in Romanen auszudrücken, da die wenigen Leser Kurzgeschichten und Erzählungen bevorzugten. «Flor de card» ist der Versuch, dieses Loch zu füllen, und lässt sich in den Rahmen der modernistischen Landromane einordnen, ohne allerdings den für das Genre typische Dramatik zu erfüllen.

Die Geschichte handelt von einem jungen Mann und einem Mädchen aus Sant Llorenç – Ortsnamen und Schauplätze entsprechen dem Geburtsort von Galmés – und endet mit der Zurückweisung der Frau und dem Tod des Mannes im Kolonialkrieg. Galmés beschreibt diesen als absurden Krieg und bedauert den kindischen Antiamerikanismus der Regierung. Wir finden eine detaillierte psychologische Analyse der beiden Hauptdarsteller, ihrer Jugend und der ersten Liebe. In Bezug auf den Rahmen, im dem sich die Handlung vollzieht, kann man zwar von Costumbrismo sprechen, nicht aber in Bezug auf die Intention des Autors. Es wird ein Gegensatz aufgebaut zwischen dem Landleben auf der einen Seite, wo alle Dinge ihren Sinn haben und in den natürlichen Ablauf der Jahreszeiten eingebettet sind, und dem Stadtleben auf der anderen Seite als Ursprung allen Übels und unverständliche Situationen. Salvador Galmés veröffentlichte nur zwischen 1908 und 1928. Seine Position als Geistlicher erlaubte es ihm später wohl nicht mehr, seinem schriftstellerischen Bedürfnis zu folgen.

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