Antoni Xumet: Port de Pollença
Pollença

Deià, März 1995

Ich bin auf so zärtliche Weise fern, dass ich mich nicht einmal fühle. Aber die Stadt zündet ihre Gärten an und erglüht in Farben, die ich bis zu meiner Rückkehr nicht sehen werde. Mein Geburtshaus hatte zwei Fenster. Durch sie betrachtete ich die vorbeifahrenden Schiffe und die Haare meiner Schwester, mit der gleichen Freiheit. Jetzt will ich nicht zu laut schreiben, denn sie schläft.

Vor die beiden Fenster hatte man eine Palme gepflanzt. Vor lauter Liebe wuchs sie unglaublich schnell. Ich erinnere mich, dass wir in ihrem Schatten spielten, lächelnd, bis wir gerufen wurden, weil wieder einer unserer Nachmittage gestorben war, ohne dass wir es gemerkt hätten. Es war aber in der herannahenden Dunkelheit, in jener Stunde, die sich schon etwas von den Spielen und dem Kindsein entfernt hatte, dass mein Körper einen Namen bekam: Ich hielt ein Buch in der Hand.

"Vent de la memòria" ["Wind der Erinnerung"] in Biografia per a l’ús del vent [Biografie zum Gebrauch des Windes], 1996

Übersetzt von Claudia Kalasz.

Antoni Xumet

(Port de Pollença, 1971). Lyriker und Prosaschriftsteller. Er ist Autor von Gedichtbänden wie Pot ser el cor (1994), Memòria del temps (1996), Biografia per a l’ús del vent (1996), Una varietat del mim (1998), La nuesa i el verí (2008). Er hat außerdem portugiesische Autoren ins Katalanische übersetzt, darunter J. L. Peixoto und Maria do Rosário Pedreira. Er ist Mitbegründer und Cheflektor des 2004 in Port de Pollença ins Leben gerufenen Verlags Edicions de Salobre.

 

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