Maria Mayol: Soller Leuchtturm
Sóller

                                 

SONNENUNTERGANG

 

Könnt’ich die Art des Sterbens wählen,

wie ein Sonnenuntergang beendete ich mein Leben.

 

Es verdunkelt sich zwar des Gestirnes Licht,

doch der Azur seines göttlichen Glanzes verliert sich nicht.

 

In einen Purpurmantel hüllt der Himmel es sacht,

das Königszeichen trägt das Leichentuch der Nacht.

 

Wenn dann die Blumen sich traurig zusammenfalten,

bleibt doch in den Kelchen ihr Duft erhalten.

 

In der Luft schwebt weiterhin ein süẞer Hauch

wie ein Trost und Versprechen von Hoffnung auch.

 

Denn weit jenseits des Meers niemals erlischt

hinterm Horizont der Sonne Licht.

"Posta de sol" [Sonnenuntergang], 1932

Übersetzt von Claudia Kalasz.

Maria Mayol i Colom

(Sóller, 1883 – Palma, 1959). Schriftstellerin, Politikerin, Lehrerin. Sie gründete den Foment de la Cultura de la Dona [Förderverein Frau und Kultur] in Sóller (1926) und bewegte sich aktiv in der Kulturszene ihrer Zeit. Nachdem sie in Bordeaux ihr Universitätsstudium der französischen Sprache und Literatur abgeschlossen hatte, besuchte sie 1921 auf Mallorca die Handelsschule (Escola Mercantil de Balears). 1939 ging sie nach Frankreich ins Exil und kehrte Mitte der vierziger Jahre nach Mallorca zurück. Ihr literarisches Werk wurde Jahrzehnte nach ihrem Tod in den Bänden Assaigs poètics (2008) und Delers i altres poemes (2008) gesammelt herausgegeben.

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