Gertrude Stein: El Terreno
Palma

Bei zwei Gelegenheiten lebten Gertrude Stein und Alice B. auf Mallorca, wie in der Autobiographie von Alice B. Toklas aufgezeichnet.

Wir reisten mit dem Vorsatz nach Palma, dort nur ein paar Wochen zu verbringen, aber letztendlich sind wir den ganzen Winter geblieben.

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Das Leben in Palma war angenehm und deshalb entschlossen wir uns, in jenem Sommer keine anderen Gegenden zu erkunden, sondern vor Ort zu bleiben. Wir schickten nach Jeanne Poule, unserem französischen Hausmädchen, und mit Hilfe des Briefträgers fanden wir ein kleines Haus in der Straße Dos de Mayo, in El Terreno, am Rand des Stadtzentrums. Wir fühlten uns dort so wohl, dass wir nicht nur den Sommer über, sondern bis zum nächsten Frühjahr blieben.

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Während dieses Aufenthalts in Palma schrieb Gertrude die Mehrheit der Theaterstücke, die später in Geography & Plays veröffentlicht wurden. Sie hat immer gesagt, dass Theaterstücke von Landschaften inspiriert werden, und El Terreno war zweifellos eine Inspiration.

The Autobiography of Alice B. Toklas, 1933

Übersetzt von Charlotte Frei.

Gertrude Stein

(Allegheny, Pennsylvania, USA, 1874 - Neuilly-sur-Seine, Frankreich, 1946). Die amerikanische Schriftstellerin Gertrude Stein stammte aus einer wohlhabenden deutsch-jüdischen Familie. Sie zog 1903 nach Paris und verbrachte den Großteil ihres Lebens in Frankreich. Ihr Werk umfasst Essays, Gedichte, eine Autobiografie, sowie Theaterstücke. Alle diese Gattungen hat sie gleichermaßen, aber immer mit einer experimentellen Note behandelt. In Paris gehörte sie zur Avantgarde und im Salon ihres Hauses in der Rue de Fleurus trafen sich Schriftsteller und Maler wie Pablo Picasso (mit dem sie befreundet war und der von ihr ein bekanntes Portrait anfertigte), Juan Gris, Ernest Hemingway, Man Ray, etc. Sie förderte Künstler und baute eine wertvolle Kunstsammlung auf. Gertrude Stein und Alice B. Toklas hielten sich zu zwei Gelegenheiten auf Mallorca auf, wo sie von dem Maler William Cook empfangen wurden: im Sommer 1914 und über ein halbes Jahr 1916. Sie ließen sich in einem Haus in El Terreno nieder, einem Stadtviertel, das zu jenem Zeitpunkt viele neuangekommene Künstler und Literaten beherbergte.

The Autobiography of Alice B. Toklas ist mehr als eine Biografie. Tatsächlich ist es ein Vorwand, um das Leben von Gertrude Stein zu schildern. Hinter dem Titel verbirgt sich ein Buch, das die Pariser Jahre und die französische Hauptstadt der Jahrhundertwende beschreibt. Außerdem behandelt es die Aufenthalte von Stein und Toklas auf Mallorca.

El Terreno

Das Stadtviertel El Terreno liegt in einer Gegend, die im Mittelalter zum Schloss Bellver gehörte. Heute liegt das Viertel am westlichen Rand des Schlossgebietes. Die Gebäude haben nach und nach ihre ursprüngliche Form verändert. Im 18. Jahrhundert besaß dort der Kardinal Despuig das Landgut El Terreno, von dem das Viertel den Namen erhielt. Der Verkauf von Bauernhöfen und die Aufteilung der Ländereien führten zur Besiedlung sowie zum Bau neuer Straßen und haben allmählich das Wohngebiet ausgebildet, das seit  Mitte des 19. Jahrhunderts dort steht. Das Viertel El Terreno wurde zum Wohnort für Künstler und Schriftsteller und damit zu einem wichtigen Zentrum der mallorquinischen Kunstszene.

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