Im Jahre 1276 gründete Ramon Llull unter der Schirmherrschaft von König Jaume II. Eine Missionsschule im Kloster von Miramar.
Das Kloster Miramar
Minoriten übergeben war,
zu predigen der Sarazenenschar.
Zwischen Fenchel und Reben
hat mir Gott seine Liebe gegeben,
Seufzer und Tränen waren mein Leben.
Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist,
sind das Mysterium der Dreifaltigkeit,
das hab ich gezeigt mit Gottes Segen.
Der himmlische Sohn ist Mensch geworden,
von einer Jungfrau auserkoren,
Christus heißt Gott, der als Mensch geboren.
Cant de Ramon, 1300
Übersetzt von Claudia Kalasz. Durchgeführt von Enric Garcia.
(1232 - 1316). Ramon Llull wurde in den Jahren unmittelbar nach der Eroberung durch Jakob I. auf Mallorca geboren, war mit dem Königshaus verbunden und genoss eine seiner Position entsprechende intellektuelle Ausbildung. Er heiratete, bekam zwei Kinder und führte ein zügelloses, höfisches Leben. Laut der eigenen Chronik des Autors hatte er im Alter von 30 Jahren bis zu fünf Christuserscheinungen, was sein Leben radikal veränderte. Er verließ seine Familie und alle Bequemlichkeiten, um sein Leben einzig und allein Gott zu widmen. Die Bekehrung der Ungläubigen und die Reform des Christentums waren ihm ein besonderes Anliegen und er beschloss sich als Autodidakt zu bilden, erst im Kloster La Real und dann zurückgezogen am Puig de Randa, wo er seine Ars genannte Methode entwickelte. Später gründete er in Miramar eine Schule, um Missionare in seiner Bekehrungsmethode zu unterrichten. Er unternahm lange Reisen durch Spanien, Frankreich, Italien und Nordafrika, um die faktischen Machthaber der christlichen Kirche für seine Initiativen zu gewinnen. Er ist der Autor eines immensen Werks auf Katalanisch, Latein und Arabisch: rund 265 Titel verschiedener Themenbereiche, Abhandlungen über Philosophie, Wissenschaft, Theologie, Poesie und Literatur. Llull war der erste Schriftsteller, der literarische Werke auf Katalanisch schrieb.
Cant de Ramon ist ein kurzes, sehr persönliches Werk. Es sind Verse, die seine Entmutigung angesichts des kargen Erfolgs seiner Unternehmung ausdrücken und in denen er Gott anflieht, ihm gute Begleiter zur Seite zu stellen, die ihm bei der Durchführung seines Projekts helfen sollten.
Der Gebäudekomplex Miramar und dessen Umgebung bilden eine der einzigartigen Stellen im Tramuntana-Gebirge. Hier wohnte vor 700 Jahren Ramon Llull. Erbaut wurde die Einsiedelei bereits zu Zeiten der muslimischen Herrschaft über Mallorca und nach der christlichen Wiedereroberung wurde sie zum Kloster für die Mönche des Zisterzienserordens. Unter der Herrschaft von König Jakob II. gründete Ramon Llull in Miramar eine Schule für Missionare, in der sie die arabische Sprache und die Ars Luliano – eine von Llull erschaffene Methode – erlernen sollten, um im Orient zu predigen.
Das Gut wurde jahrhundertelang von verschieden religiösen Orden benutzt, bevor es 1872 vom Erzherzog Ludwig Salvator aufgekauft wurde. Während der Jahre, in denen der Erzherzog auf Mallorca lebte, erhielt Miramar seinen alten Glanz zurück und viele ehrwürdige Persönlichkeiten besuchten das Anwesen. Darunter zum Beispiel der große Dichter der katalanischen Renaixença-Bewegung Jacint Verdaguer. Auf Einladung des Erzherzogs verbrachte er hier zwei Wochen. Während des Aufenthalts stieß er auf das Werk von Llull, das ihn zum Buch Perles inspirierte – eine literarische Neufassung von Llulls Buch Llibre d’amic e amat (Das Buch vom Freunde und vom Geliebten).